Page 3 - Zeitung_EstrichNews2019
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ersten Schritt nicht möglich ist, erfolgte die Fugenplanung durch einen Vorschlag des Estrichherstellers, der vorwiegend ein Fugenbild im Säulenraster beinhaltet. Hierbei war vorgesehen, dass die Fugen maschinell geschnitten werden (ohne Querkraftdübel) und vor Beginn der Flie­ senverlegearbeiten wieder kraftschlüssig verbunden werden.
Die kraftschlüssige Verbindung soll durch den Estrichhersteller mit handelsüblichen Wellenverbindern in einem Abstand von ca. 25 cm erfolgen. Neue Fugen sollen im Zuge der Belagsverlegung vom beauftrag­ ten Fliesenleger auf dessen Vorschlag ge­ schnitten werden (dieses Vorhaben wurde in den geöffneten Bereichen allerdings nicht vorgefunden). Statt dem Estrich wur­ de seitens des beauftragten Estrichunter­ nehmens ein Betonboden auf dessen Vor­ schlag eingebaut.
Der Zeitraum zwischen Estrich­ (Beton)her­ stellung und Verlegung der 45/45 cm groß­ en Fliesen betrug weniger als 8 Wochen. Die vom Fliesenleger geplanten Feldergrö­ ßen mit dem nachträglichen Fugenschnitt wiesen ca. 25 m2 auf, dass bei einer relativ dünnen Betonplatte, ohne entsprechender Bewehrung großzügig ist. Warn­ und Hin­ weisschreiben in Bezug auf etwaige Risiken durch die seitens der Professionisten vorge­ schlagenen technischen Durchführung und Abläufe gab es nicht.
Abgrenzung der Entscheidungs- kompetenzen
6 Jahre (!) nach Herstellung wurde durch den Bauherren ein nun vorhandenes Riss­ bild reklamiert. Es wurden zur Befundung und zur Abgabe eines Gutachtens zwei Sachverständige eingeschaltet. Einer der Sachverständigen ist spezialisiert auf Kera­ mik­, Fliesen­ und Plattenbeläge, der ande­ re auf Estricharbeiten und Industrieböden. Das bei der Befundung vorgefundene Scha­ densbild zeigte relativ geradlinige Rissbil­ dungen im Fliesenbelag. Meist verliefen die Risse parallel zum Fugenbild. Nach der Öffnung von Teilbereichen des Oberbelages wurde festgestellt, dass die überwiegende Anzahl der Risse deckungsgleich mit der darunter liegenden, kraftschlüssig verbun­ denen Schnittfuge liegen. Vereinzelt gab es auch Rissbildungen in der Fläche.
Die Ergebnisse dieser Befundung und Be­ gutachtung waren unter anderem eine für diese Belastung unzureichende Querkraft­ verbindung sowie ein nicht stattgefundenes Ausharzen des Fugenbereichs. Ebenso eine unzureichende Planung und Koordination der Fugenthematik zwischen den Notwen­ digkeiten im Fugenbild des Estrichherstellers und dem des Fliesenlegers. Weiters die Pla­ nung des zeitlichen Ablaufes, wo eine Be­ tonplatte nach 8 Wochen bereits mit einem starren Belag belegt wird und sämtliche auf­ tretende Spannungen in der Betonplatte 1:1 an den Oberbelag weitergegeben werden.
Vernähte Fuge der Betonplatte nach Entfernung des Fliesenbelages.
Fehlende, zusätzliche Entlastungsschnitte verstärken diese Gegebenheit zusätzlich, wobei die technische Richtigkeit dieser Vor­ gangsweise generell zu hinterfragen ist.
Technisch wurde die Ausführung von den beteiligten Professionisten ausgearbeitet, und gegen den vorgegebenen Zeitplan wur­ de seitens des Fliesenlegers kein Einwand auf mögliche Folgeschäden getätigt.
Bei der Feststellung des Verschuldensgrades durch die beauftragten Sachverständigen wurden die entstandenen Kosten von über 30.000,­­ Euro in folgenden Teilen den be­ teiligten Parteien zugesprochen:
Fliesenleger Estrichhersteller Planer
50 % 20 % 30 %
Die ausführenden Firmen tragen in diesem Fall 70% des Schadens aufgrund fehlender Hinweise und aktiver Planungstätigkeit. Ein Mitwirken an der Fugenplanung der an dem Gewerk beteiligten Professionisten, ist durch das Einbringen von technischen Möglich­ keiten und Grenzen sinnvoll und notwendig.
Eine durch die Professionisten gelebte Warn­ und Hinweisp icht sowie eine klare Abgren­ zung der Entscheidungskompetenzen soll jedoch die Verantwortung der planenden Stellen nicht zu der eigenen machen, um solche Kostenübernahmen im Schadensfall zu vermeiden.
Detailansicht nach Entfernen des Fliesenbelages. Versetzte Fuge im Untergrund, Risse im Fliesenbelag.


































































































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